Abbildung 1: Kupferstich "Die Salzgewinnung"
Meine Reise ins 17. Jahrhundert begann Anfang 2023 mit einem Kupferstich, der auf circa 2 m Breite und 1 m Höhe geplottet war und an einer Wand hing. Während um mich herum eine Kindergruppe mit Gips matschte, stand ich davor und versuchte einer flammenden Erklärung zu folgen und zugleich meine losen Wissensfragmente zusammenzusetzen.
Kurz darauf begegnete mir zum ersten Mal „Das Saltz-Werck zu Halle in Sachsen befindlich“. Ein Buch vom halleschen Salzgrafen Dr. Friedrich Hondorff aus dem Jahr 1670. Eine vollständig digitalisierte Fassung ist bei der Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt (ULB) und dem Münchener DigitalisierungsZentrum (MDZ) online frei zugänglich.
Damals wusste ich noch nicht, wie viele Stunden ich mit den gelbbraunen Seiten, den unendlich langen Schachtelsätzen und dem Kupferstich verbringen würde.
Abbildung 2: Legende im Kupferstich "Die Salzgewinnung"
Wie in einer Bildergeschichte zeigt der Kupferstich die Menschen bei ihrer Arbeit im Salzwerk und macht die Arbeitsschritte der Salzproduktion sichtbar. Er sollte die Grundlage einer Ausstellung des Hallesches Salinemuseum e.V. und der Salzwirker-Brüderschaft im Thale zu Halle werden.
Manche Figuren stellte er so detailliert dar, dass es auf mich wirkte, als würden sie gleich zu mir sprechen. Schnell begann eine erste Idee zu wachsen. Warum sollten nicht diejenigen, deren Alltag hier mit feinen Strichen in die Kupferplatte graviert war, selbst zu Wort kommen?
Ich hielt das Bild für viel zu schade, um es nur abstrakt zu beschreiben und von oben herab zu betrachten. Es sollte sich mit Leben füllen, wenn der Salzgraf, die Bornknechte und die Siedemeister direkt zu uns sprechen.
Abbildung 3: Register in "Das Saltz-Werck zu Halle in Sachsen"
Zeile um Zeile las ich und stellte einen ersten Entwurf zusammen. Dann kam die Krux: Es standen zwölf Ausstellungstafeln zur Verfügung und auf jede passten gerade 1.200 Zeichen, mit Leerzeichen! (Allein dieser Absatz enthält schon mehr als 900.) Damit nicht genug: Das Bild als zentrales Element brauchte einen prominenten Platz und nahm gleich zwei davon in Anspruch. Es blieben zehn Tafeln für zwölf Bildausschnitte. Eine Einführung und das Impressum kamen erschwerend hinzu.
Hier begann des Autors Martyrium: (zu) viele Informationen für (zu) wenig Platz!
Die Arbeit an den ersten vier Tafeltexten war so holprig und umständlich, wie eine Fahrt über Kopfsteinpflaster. Glücklicherweise bildete sich bald ein Rhythmus heraus, ein Fluss, eine Methode, die wiederholt funktionierte. Schließlich schrieb ich die ersten vier Texte einfach noch einmal und der Rundgang durchs Salzwerk nahm Gestalt an.
Abbildung 4: Skizze Ausstellungsrundgang
Leider hatte nicht jeder Beruf ein eigenes Bild im Kupferstich und das, obwohl die Arbeiten hinter den Kulissen ebenso wichtig waren. Ohne sie wäre der Eindruck nicht rund. Es brauchte zusätzliche Texte für die Menschen und Aufgaben im Hintergrund, die ausschließlich digital verfügbar sein würden. Deutlich geschmeidiger als ihre „analogen Kollegen“ flossen diese Zeilen in die Tastatur, waren sie doch befreit von der Geißel der 1.200 Zeichen.
Außerdem gab es Inhalte, die ich detaillierter aufbereiten wollte. Sie sollten Türen öffnen, persönliche Einblicke gewähren und unser Bild vom Leben im Halleschen Salzwerk des 17. Jahrhunderts vertiefen. Ich dachte an Figuren, die nicht nur erklären, sondern selbst entscheiden, handeln und erleben. Schnell griffen die Ideen zu den historischen Fakten, fügten Orte und Protagonisten hinzu und ließen sie denken, fühlen, sprechen und interagieren.
Das GeschichtenWissen war entstanden: Geschichten, die Wissen vermitteln. Wissen, das in Geschichten erzählt wird.
Ich war zufrieden. Fürs Erste. Doch eine Hürde stand noch bevor: der prüfende Blick.
10 Seiten mit kurzen Texten für Ausstellungstafeln und 24 Seiten mit langen Texten inklusive Geschichten gingen auf den Weg zu jemandem, der sich auskennt. Ich war voller Vorfreude und Unruhe zugleich. In den Tagen bis zum gemeinsamen Termin schwankte ich zwischen „Toll, endlich eine Meinung und Anregungen zu meiner Arbeit!“, und „Oje, hoffentlich wird’s nicht allzu schlimm!“. An dieser Stelle sei nur so viel gesagt: Es waren intensive, konstruktive und sehr persönliche Stunden, die für mich zu den bleibenden und beeindruckendsten Momenten in diesem Projekt zählen.
Nach den Überarbeitungen forderten die Tafeltexte das Geschick des Übersetzers heraus. Und später beim Design trafen die deutsche und die englische Fassung gemeinsam auf die passenden Bildausschnitte. Hier verschmolzen sie auf den Ausstellungstafeln in 1,20 m Breite und 2,22 m Höhe zu einem Gesamtwerk.
Die digitalen Texte fügten sich in einem E-Book zusammen und fanden als QR-Code ihren Platz im Rundgang. Zum Ende verewigten sich Bilder, Texte und E-Book in einer gelungenen Kombination aus Geschichte und Moderne als digitale Ausstellung auf der Internetseite.
Im Projekt „Salzwerk“ kam für mich vieles zusammen:
Ehrfurcht und Respekt vor dem Werk und vor der Größe der Aufgabe, unbekannte Themen und neues Wissen, Wechselbäder der Gefühle, inspirierende Gespräche und gute Zusammenarbeiten.
Danke an alle, die mich dabei begleitet und unterstützt haben!
Ich wünsche den Lesern und Besuchern der Ausstellung viele interessante Eindrücke bei „Sole, Salz & Siedefeuer – Das Salzwerk im Thal zu Halle“.
Tina Kaltofen
Abbildung 7: Stadtansicht im Kupferstich "Die Salzgewinnung"
Bildnachweise:
Kupferstich & Ausschnitte (Abb. 1, 2, 5, 7):
Hohndorff, Friedrich, 1628-1694, "Beschreibung des Saltz-Wercks zu Halle in Sachsen", 1670 in Halle,
in: Dreyhaupt, Johann Christoph von, 1699-1768, "Pagvs Neletici Et Nvdzici", Beilage A, 1749 in Halle;
Bayerische Staatsbibliothek München, 2 Germ.sp. 45-1#Beibd.1, S.63, urn:nbn:de:bvb:12-bsb11123006-6
Textauszug (Abb. 3):
Hohndorff, Friedrich, 1628-1694, "Das Saltz-Werck zu Halle in Sachsen befindlich", 1670 in Halle, Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt (ULB), urn:nbn:de:gbv:3:1-53728
Rundgang (Abb. 4):
Aufbau-Skizze, Sisters of Design
Banner (Abb. 6):
Hallesches Salinemuseum e.V., www.salinemuseum.de
© Tina Kaltofen. Alle Rechte vorbehalten.
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